top of page

Rechtliche Grundlagen zusammengefasst und erklärt vom ZVK – Nordverbundes  

Das Amtsgericht Köpenick hat mit Urteil vom 10. Mai 2012 (Az.: 13 C 107/11) entschieden, dass eine private Krankenversicherung grundsätzlich nicht berechtigt ist, Abrechnungen für physiotherapeutische Leistungen zu kürzen, wenn zwischen dem Patienten und dem Physiotherapeuten vereinbart wurde, dass dieser nach dem 2,3-fachen VDAK-Satz abrechnet.

Die Urteilsbegründung in Kurzform: Der Kläger verlangte von seiner Krankenversicherung die Erstattung der Kosten einer physiotherapeutischen Behandlung. Er hatte (mündlich) mit seiner Physiotherapeutin eine Honorarvereinbarung geschlossen, wonach diese entsprechend der Gebührenübersicht für Therapeuten den 2,3-fachen Satz für Therapieleistungen abrechnen kann. Die Versicherungsgesellschaft meinte, die in den Rechnungen angesetzten Beträge seien weit überhöht. Sie teilte dem Kläger selbst definierte Höchstsätze für physiotherapeutische Leistungen mit, die sie ausschließlich anerkenne. Die Versicherung war der Auffassung, dass nur die ortsübliche Vergütung im Sinne des § 612 BGB gefordert werden kann, wobei die Ortsüblichkeit zwischen den Parteien streitig war.

Eine amtliche Gebührenordnung für physiotherapeutische Leistungen gibt es nicht. Nach Ansicht der Krankenversicherung kann eine von Interessenverbänden herausgegebene Liste (Gebührenordnung für Therapeuten) keinerlei Verbindlichkeit begründen.
Das Gericht folgte der Auffassung der Krankenversicherung nicht und gab der Klage des Patienten statt. Nach Ansicht des Gerichts war die Versicherung nicht zur Kürzung der Rechnungen berechtigt. Denn die von der Beklagten einseitig festgesetzten Höchstsätze sind nicht Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Versicherungsvertrages geworden. Eine Kürzung der Rechnungsbeträge auf die beihilfefähigen Höchstsätze zuzüglich eines Zuschlags war unzulässig. Entgegen der Ansicht der Krankenversicherung ist § 612 BGB hier nicht anwendbar. Diese Norm fände nur dann Anwendung, wenn das Vergütungshonorar zwischen den Parteien des Behandlungsvertrages nicht vertraglich vereinbart worden wäre. Da eine ausdrückliche Honorarvereinbarung gemÃ¤ß § 611 BGB vorliegt, sind die Regelung des § 612 BGB und die etwaige Ortsüblichkeit der Preise für die Entscheidung unerheblich.
Denn wenn sich aus den Tarifbedingungen des Versicherungsvertrages keine konkrete Leistungsbestimmung hinsichtlich der Höhe der erstattungsfähigen Aufwendungen und insbesondere keine Beschränkung auf bestimmte Sätze oder eine Ortsüblichkeit ergibt, dann ist die Krankenversicherung auf Grundlage ihres allgemeinen Leistungsversprechens verpflichtet, den den Rechnungen zugrunde liegenden 2,3-fachen VDAK-Satz zu erstatten (vgl. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl., § 192 Rn. 133, 145).
Das Versicherungsunternehmen ist nach Ansicht des Gerichts auch nicht berechtigt, den Anspruch gemÃ¤ß § 192 Abs. 2 VVG zu kürzen. Die gesetzliche Regelung des § 192 Abs. 2 VVG beschränkt sich auf Fälle eines auffälligen Missverhältnisses, etwa wenn die Vergütung das Doppelte des üblichen Satzes erreicht. Unterhalb dieser Schwelle besteht keine Anpassungsmöglichkeit der Versicherung (vgl. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 28. Aufl., § 192 Rn. 131, 156).
(Amtsgericht Köpenick, Urteil vom 10. Mai 2012 – 13 C 107/11)

​

In Hamburg ist seit einigen Jahren klar, dass der ortübliche Preis bei ca. dem 2,3-fachen vdek-Satz liegt.
Das Amtsgericht Hamburg musste für seine oben zitierte Entscheidung nicht einmal einen Gutachter beauftragen. Denn das Gericht teilte mit, es sei gerichtsbekannt, dass in Hamburg von Physiotherapeuten der 2,3-fache vdek-Satz genommen würde.

2,3-facher Satz bei Physiotherapie ortsüblich (AG Hamburg, AZ: 20 A C 28/07)
Danach sieht das Gericht die Abrechnung von Physiotherapie zum 2,3-fachen vdek-Satz als "übliche" Vergütung in Hamburg an. Quelle: AG Hamburg vom Urteil vom 10.10.2007, AZ: 20 A C 28/07)
Frage: Welche Bedeutung haben denn dann eigentlich noch die Beihilfesätze in diesem Zusammenhang?
Antwort: Gar keine. Die Beihilfe hat auf die Preisgestaltung oder für die Prägung eines ortsüblichen Preises überhaupt keinen Einfluss.
Bereits im Jahre 2004 hat das Bundesministerium des Innern mitgeteilt, dass die sog. beihilfefähigen Höchstbeträge nicht kostendeckend seien. Den Beamten wurde anempfohlen,

Zusatzversicherungen abzuschließen.Es gibt keinerlei inhaltliche Begründung dafür, dass PKVen, die in ihren Versicherungsverträgen auf die Ortsüblichkeit abstellen, die Beihilfe zugrunde legen. Die großen PKVen sind deshalb auch dazu übergegangen, Preise zu erstatten, die 25 bis 30 % über der Beihilfe liegen (so z. B. die DKV).

Aber da ein Gericht in Hamburg von einem 2,3-fachen vdek-Satz als ortsüblich ausgegangen ist, haben wir keine Zweifel, dass sich diese Preisgestaltung im gesamten Gebiet des ZVK – Nordverbundes durchgesetzt hat.

bottom of page